Recht & Gesetze
Zweiter Abschnitt Abwasserbeseitigung
§ 95 Abwasser, Abwasserbeseitigung (zu § 54 WHG)

(1) Das Fachministerium kann zur Umsetzung von Richtlinien der Europäischen Gemeinschaft durch Verordnung Anforderungen an die Abwasserbeseitigung festlegen, die eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit verhindern.

(2) 1 Die §§ 54 bis 61 WHG und die §§ 96 bis 100 dieses Gesetzes gelten nicht für Jauche und Gülle sowie für das durch landwirtschaftlichen Gebrauch entstandene Abwasser, das dazu bestimmt ist, auf landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzte Böden aufgebracht zu werden. 2 Die Vorschriften des Abfallrechts bleiben unberührt.

§ 96 Pflicht zur Abwasserbeseitigung (zu § 56 WHG)

(1) 1 Die Gemeinden haben das auf ihrem Gebiet anfallende Abwasser einschließlich des in Kleinkläranlagen anfallenden Schlamms und des in abflusslosen Gruben gesammelten Abwassers zu beseitigen, soweit nicht nach den folgenden Absätzen andere zur Abwasserbeseitigung verpflichtet sind. 2 Die Aufgaben, die die Gemeinden hiernach zu erfüllen haben, gehören zum eigenen Wirkungskreis.

(2) 1 Soweit es im Interesse einer ordnungsgemäßen Abwasserbeseitigung erforderlich ist, können die Gemeinden durch Satzung bestimmen, dass das Abwasser

1.   nur in bestimmter Zusammensetzung, insbesondere frei von bestimmten Stoffen,

2.   erst nach Vorbehandlung,

3.   nur zu bestimmten Zeiten oder nur in bestimmten Höchstmengen innerhalb eines Zeitraums

in öffentliche Abwasseranlagen einzuleiten ist. 2 § 101 WHG gilt sinngemäß.

(3) Zur Beseitigung des Niederschlagswassers sind anstelle der Gemeinde verpflichtet

1.   die Grundstückseigentümer, soweit nicht die Gemeinde den Anschluss an eine öffentliche Abwasseranlage und deren Benutzung vorschreibt oder ein gesammeltes Fortleiten erforderlich ist, um eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit zu verhüten,

2.   die Träger öffentlicher Verkehrsanlagen, soweit sie nach anderen Rechtsvorschriften zur Entwässerung ihrer Anlagen verpflichtet sind.

(4) 1 Die Gemeinde kann durch Satzung für bestimmte Teile des Gemeindegebietes vorschreiben, dass die Nutzungsberechtigten der Grundstücke häusliches Abwasser durch Kleinkläranlagen zu beseitigen haben. 2 Dies gilt nicht für die Beseitigung des in Kleinkläranlagen anfallenden Schlamms. 3 Die Satzung legt für ihren Geltungsbereich fest, welchen Gewässern das Abwasser aus den Kleinkläranlagen zugeführt werden soll; sie berücksichtigt die in ihrem Geltungsbereich herrschenden hydrogeologischen Verhältnisse. 4 Sie kann bestimmte Bauarten von Kleinkläranlagen vorschreiben. 5 Die Wasserbehörde berät die Gemeinde bei der Aufstellung des Satzungsentwurfs.

(5) 1 Die Satzung nach Absatz 4 bedarf der Zustimmung der Wasserbehörde. 2 Soweit zu befürchten ist, dass infolge des Einsatzes von Kleinkläranlagen

1.   wegen ungünstiger hydrogeologischer Verhältnisse das Grundwasser nachteilig verändert wird,

2.   eine Verschlechterung des ökologischen oder chemischen Zustands eines oberirdischen Gewässers eintritt oder Nutzungen eines Gewässers beeinträchtigt werden, die unter Berücksichtigung des Wohls der Allgemeinheit Vorrang haben, oder

3.   ein Gewässer eine durch Rechts- oder Verwaltungsvorschrift vorgeschriebene Mindestgüte nicht einhält,

darf die Wasserbehörde ihre Zustimmung davon abhängig machen, dass die Satzung besondere Anforderungen an die Bauart oder Betriebsweise der Kleinkläranlagen stellt. 3 Die Zustimmung darf nur versagt oder widerrufen werden, soweit die Satzung keine ausreichende Gewähr dafür bietet, dass die in Satz 2 genannten nachteiligen Folgen vermieden werden.

(6) 1 Schreibt die Satzung gemäß Absatz 4 Satz 4 die Verwendung bestimmter Bauarten von Kleinkläranlagen vor, so gilt die Erlaubnis zur Einleitung von Abwasser nach § 10 Abs. 1 WHG als erteilt, wenn der Nutzungsberechtigte des Grundstücks die Errichtung oder wesentliche Änderung einer satzungsgemäßen Kleinkläranlage vor Beginn des Vorhabens anzeigt. 2 Schreibt die Satzung gemäß Absatz 4 Satz 1 die Abwasserbeseitigung durch Kleinkläranlagen vor, so gilt Satz 1 entsprechend für die Anzeige der zulassungsgemäßen Errichtung oder wesentliche Änderung einer Kleinkläranlage, wenn für diese eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung nach § 18 der Niedersächsischen Bauordnung oder eine europäische technische Zulassung nach § 6 des Bauproduktengesetzes besteht und in der Zulassung die Anforderungen an den Einbau, den Betrieb und die Wartung der Anlage festgelegt sind, die für einen den Anforderungen nach der Abwasserverordnung entsprechenden Betrieb erforderlich sind. 3 Hat der Nutzungsberechtigte eines Grundstücks während der Geltungsdauer einer Satzung nach Absatz 4 eine Anlage satzungsgemäß errichtet oder wesentlich geändert, so darf die Gemeinde ihn auf die Dauer von 15 Jahren, beginnend mit der Errichtung oder wesentlichen Änderung der Anlage, nicht zum Anschluss an eine öffentliche Abwasseranlage und zu deren Benutzung verpflichten, es sei denn, seine Befugnis nach § 10 Abs. 1 WHG zur gesonderten Einleitung des Abwassers ist erloschen.

(7) Werden der Gemeinde Umstände bekannt, nach denen in den in Absatz 4 Satz 1 bezeichneten Teilen des Gemeindegebietes eine ordnungsgemäße gesonderte Abwasserbeseitigung gefährdet ist, so teilt sie dies der Wasserbehörde mit.

(8) 1 Die Wasserbehörde kann die Gemeinde auf ihren Antrag befristet und widerruflich ganz oder teilweise von der Pflicht zur Beseitigung von Abwasser aus gewerblichen Betrieben und anderen Anlagen freistellen und diese Pflicht auf den Inhaber des gewerblichen Betriebes und den Betreiber der Anlage übertragen, soweit das Abwasser wegen seiner Art und Menge zweckmäßiger von demjenigen beseitigt wird, bei dem es anfällt. 2 Der Inhaber des Betriebes oder der Betreiber der Anlage ist vor der Entscheidung zu hören. 3 Unter den gleichen Voraussetzungen kann die Wasserbehörde mit Zustimmung der Gemeinde auf Antrag des Inhabers des gewerblichen Betriebes oder des Betreibers der Anlage diesem die Pflicht zur Beseitigung von Abwasser aus dem Betrieb oder der Anlage befristet und widerruflich ganz oder teilweise übertragen. 4 Eine Entscheidung nach den Sätzen 1 und 3 wird unwirksam, sobald die Gemeinde für das Grundstück den Anschluss an eine öffentliche Abwasseranlage und deren Benutzung vorschreibt (§ 13 des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes).

(9) Abwasser ist von dem Verfügungsberechtigten über das Grundstück, auf dem das Abwasser anfällt, dem nach den Absätzen 1 bis 4 und 8 zur Abwasserbeseitigung Verpflichteten zu überlassen.

§ 97 Zusammenschlüsse

(1) 1 Abwasserbeseitigungspflichtige können sich zur gemeinsamen Durchführung der Abwasserbeseitigung zusammenschließen. 2 Schließen sie sich zu einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft zusammen, so geht die Abwasserbeseitigungspflicht auf diese über, soweit sie die Abwasserbeseitigung übernimmt. 3 Dies gilt auch, wenn eine Körperschaft des öffentlichen Rechts für eines ihrer Mitglieder auf dessen Antrag die Durchführung der Abwasserbeseitigung übernimmt.

(2) 1 Auf Antrag einer Gemeinde kann ein Landkreis die Abwasserbeseitigung ganz oder teilweise übernehmen. 2 Soweit ein Landkreis die Abwasserbeseitigung übernommen hat oder nach Satz 1 übernimmt, ist er an Stelle dieser Gemeinde zur Abwasserbeseitigung verpflichtet.

(3) § 96 gilt sinngemäß.

§ 98 Einleiten von Abwasser in öffentliche Abwasseranlagen (zu § 58 WHG)

(1) 1 Über die Genehmigung nach § 58 WHG entscheidet die Wasserbehörde, soweit das Fachministerium nicht durch Verordnung die Gemeinde für zuständig erklärt. 2 Die Genehmigung ist zu befristen.

(2) Soweit für die Einleitung von Abwasser eine Genehmigung nach § 58 WHG erforderlich ist, hat die für die Genehmigung zuständige Stelle auch die Einleitung zu überwachen; § 101 WHG gilt sinngemäß.

(3) Bei der Erteilung einer Genehmigung für die Einleitung von Abwasser aus einer Anlage nach § 12 Abs. 1 gelten die §§ 13 und 15 bis 17 entsprechend.

(4) Die Aufgaben, die die Gemeinden hiernach zu erfüllen haben, gehören zum übertragenen Wirkungskreis.

§ 99 Abwasseranlagen (zu § 60 WHG)

(1) Zur Errichtung und zum Betrieb von Abwasserbehandlungsanlagen gehören auch angemessene Vorkehrungen gegen eine Verschlechterung der Ablaufwerte bei Störungen im Betrieb der Anlage oder bei Reparaturen.

(2) Für das Genehmigungsverfahren gilt § 9 Abs. 1 und 2 entsprechend.

(3) 1 Die Genehmigung enthält sonstige Genehmigungen, die nach dem Wasserhaushaltsgesetz oder diesem Gesetz für die Anlage vorgeschrieben sind, sowie die Baugenehmigung. 2 Soweit eine Baugenehmigung erforderlich ist, darf die Genehmigung auch versagt oder mit Bedingungen oder Auflagen versehen werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung der Baugenehmigung nicht vorliegen.

(4) Liegt für eine Abwasserbehandlungsanlage eine Planfeststellung vor, die vor dem 12. März 1998 erteilt worden ist, so gilt auch der Betrieb der Abwasserbehandlungsanlage als genehmigt.

§ 100 Selbstüberwachung bei Abwassereinleitungen und Abwasseranlagen (zu § 61 WHG)

(1) 1 Wer eine Abwasseranlage betreibt, hat die Anlage mit den dafür erforderlichen Einrichtungen auszurüsten, Untersuchungen durchzuführen und ihre Ergebnisse aufzuzeichnen. 2 Die Aufzeichnungen sind der Wasserbehörde auf Verlangen vorzulegen.

(2) 1 Wer eine öffentliche Abwasseranlage betreibt, hat über Abwasser, das nicht häusliches Abwasser ist, ein Kataster zu führen. 2 Darin sind die Abwassereinleitungen, die einen erheblichen Einfluss auf die öffentliche Abwasseranlage erwarten lassen, mit Angaben über Art, Herkunft, Beschaffenheit und Menge des Abwassers zu verzeichnen.

(3) Die Wasserbehörde kann im Einzelfall die nach Absatz 1 erforderlichen Einrichtungen und Untersuchungen sowie Art und Umfang der Aufzeichnungen vorschreiben.