Recht & Gesetze
Abschnitt 2
Anforderungen an Plattformen; Notfallmaßnahmen
§ 53 Genehmigung von Plattformen

(1) Die Errichtung, der Betrieb sowie alle wesentlichen Änderungen einer Plattform sowie einer angebundenen Einrichtung nach § 2 Absatz 10 Satz 1 Nummer 1, die der Durchführung bergbaulicher Tätigkeiten oder der Unterbringung von Personen dienen, bedürfen der Genehmigung der zuständigen Behörde. Die Genehmigung kann vom Unternehmer sowie von demjenigen, in dessen Auftrag die Herstellung erfolgt, beantragt werden.

(2) Die Erteilung der Genehmigung setzt voraus, dass

1.
die Anforderungen an die zu erwartenden Überführungs- oder Einsatzbedingungen der Plattform und der angebundenen Einrichtungen erfüllt sind,
2.
die Betriebs- und Arbeitssicherheit gewährleistet ist,
3.
bei einer Plattform, die der Gewinnung von Erdöl oder Erdgas dient, eine Konstruktionsmitteilung nach Anlage 1 Nummer 1 vorgelegt wurde, und
4.
bei einer beweglichen Plattform ein Sicherheitszeugnis der zuständigen Behörde des Flaggenstaates oder einer vom Flaggenstaat anerkannten Organisation vorgelegt wird, aus dem sich die Übereinstimmung mit den folgenden von der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation (IMO) angenommen Vorschriften ergibt:
a)
für Plattformen, deren Kiellegung vor dem 1. Januar 2012 erfolgt ist oder die sich zu diesem Zeitpunkt in einem entsprechenden Bauzustand befanden: Code für den Bau und die Ausrüstung beweglicher Offshore-Bohrplattformen, angenommen am 19. Oktober 1989 (MODU-Code 89, Entschließung A.649(16)), der zuletzt durch die am 21. Juni 2013 angenommenen Änderungen MSC.357(92) und MSC.358(92) (VkBl. 2014 S. 387 und 389) geändert wurde,
b)
für Plattformen, deren Kiellegung am oder nach dem 1. Januar 2012 erfolgt oder die sich zu diesem Zeitpunkt in einem entsprechenden Bauzustand befinden: Code für den Bau und die Ausrüstung beweglicher Offshore-Bohrplattformen, angenommen am 2. Dezember 2009 (MODU-Code 2009, Entschließung A.1023(26), VkBl. 2011 S. 747, Sonderdruck B 8150), der zuletzt durch die am 21. Juni 2013 angenommenen Änderungen MSC.359(92) (VkBl. 2014 S. 387 und S. 290) geändert wurde.
Abweichend von Satz 1 Nummer 4 kann, falls der Flaggenstaat kein Sicherheitszeugnis entsprechend dem MODU-Code ausstellt und keine Organisation anerkannt hat, die ein solches Zeugnis ausstellt, eine Bescheinigung der Berufsgenossenschaft Verkehrswirtschaft Post-Logistik Telekommunikation im Sinne des § 9 Absatz 6 Satz 1 der Schiffssicherheitsverordnung vom 18. September 1998 (BGBl. I S. 3013, 3023), die durch Artikel 2 der Verordnung vom 28. Juni 2016 (BGBl. I S. 1504) geändert worden ist, vorgelegt werden, mit der bestätigt wird, dass die Plattform einen Sicherheitsstandard einhält, der dem MODU-Code gleichwertig ist. Im Rahmen der nach Satz 1 Nummer 1 und 2 zu stellenden Anforderungen sind neben den Vorschriften dieser Verordnung und dem MODU-Code nach Satz 1 Nummer 4 insbesondere eventuelle Empfehlungen der Gruppe der für Offshore-Erdöl- und Erdgasaktivitäten zuständigen Behörden der Europäischen Union (EUOAG) zu berücksichtigen.

(3) Die zuständige Behörde kann bei der Prüfung der im Rahmen des Genehmigungsantrages eingereichten Unterlagen einen anerkannten Sachverständigen hinzuziehen. Die hierfür entstehenden Kosten sind vom Antragsteller zu tragen.

(4) Die zuständige Behörde hat im Rahmen der Genehmigung nach Absatz 1 Satz 1 oder getrennt hiervon eine Stellungnahme zur Angemessenheit der Konstruktionsmitteilung nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 abzugeben. Maßgeblich sind dabei die in Absatz 2 Satz 2 genannten Vorschriften. Der Unternehmer hat der Stellungnahme der zuständigen Behörde zur Konstruktionsmitteilung im Bericht über ernste Gefahren nach Anlage 1 Nummer 2.2 Rechnung zu tragen.

(5) Hat ein anderer Nordsee-Anliegerstaat, ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union oder ein anderer Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum auf der Grundlage der Anforderungen nach Absatz 2 die Eignung und Verwendungsfähigkeit einer Plattform festgestellt, so gilt die Bescheinigung hierüber als Genehmigung im Sinne des Absatzes 1 Satz 1. Die Konstruktionsmitteilung nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 ist gleichwohl vorzulegen und die zuständige Behörde hat hierzu eine Stellungnahme nach Absatz 4 abzugeben.

Fußnote

(+++ Kapitel 2 (§§ 40 bis 67): Zur Anwendung vgl. § 69 Abs. 2 +++)
§ 53 Abs. 2 Satz 3 Kursivdruck: Aufgrund offensichtlicher Unrichtigkeit wurde vor dem Wort "Erdgasaktivitäten" der überflüssige Bindestrich entfernt

§ 54 Positionierung von Plattformen auf See

(1) Während der Positionierung der Plattformen auf See sind alle personellen, organisatorischen und sachlichen Maßnahmen zu treffen, damit die Sicherheit und der Schutz der Gesundheit der Beschäftigten gewährleistet sind. Die vorbereitenden Arbeiten zur Positionierung der Plattformen auf See müssen so ausgeführt werden, dass die Sicherheit und die Stabilität der Plattformen nicht beeinträchtigt werden.

(2) Bewegliche Plattformen, die sich auf dem Meeresgrund abstützen, und ortsfeste Plattformen darf der Unternehmer nur auf tragfähigem Untergrund absetzen. Einen Nachweis, dass der Untergrund tragfähig ist, hat er der zuständigen Behörde vorher zu erbringen. Den Meeresgrund hat er während der Einsatzzeit der Plattformen auf Bodenverlagerungen zu überwachen. Werden Bodenverlagerungen in einem Umfang festgestellt, in dem sie die Standsicherheit der Plattformen beeinträchtigen können, oder ist mit solchen Bodenverlagerungen zu rechnen, so hat der Unternehmer Maßnahmen zum Ausgleich oder zur Verhinderung zu treffen. Schwimmende Plattformen hat der Unternehmer vor der Inbetriebnahme zu verankern.

(3) Beim Hochfahren oder Absenken einer Hubinsel hat der Unternehmer dafür zu sorgen, dass in der Nähe ein Begleitschiff anwesend ist, das die Beschäftigten bei Gefahr übernehmen kann. Erfordert die Standsicherheit einer Hubinsel, dass die Beine um eine Mindesttiefe in den Meeresgrund eindringen, hat der Unternehmer vor ihrer Inbetriebnahme festzustellen, dass die Mindesteindringtiefe erreicht ist.

Fußnote

(+++ Kapitel 2 (§§ 40 bis 67): Zur Anwendung vgl. § 69 Abs. 2 +++)

§ 55 Sprech- und Sprechfunkverbindungen

(1) Der Unternehmer hat auf jeder Plattform eine Sprechverbindung zwischen dem Dienstraum der für die Plattform verantwortlichen Person, dem Funkraum, den Kontrollräumen, Arbeitsräumen, Aufenthaltsräumen, Bereitschaftsräumen und anderen wichtigen Punkten der Plattform einzurichten. Darüber hinaus müssen Nachrichten durch Lautsprecher vom Dienstraum der verantwortlichen Person oder von einer anderen geeigneten Stelle aus in die Kontrollräume, Arbeitsräume, Aufenthaltsräume und Bereitschaftsräume übermittelt werden können und zwar unabhängig von der Sprechverbindung nach Satz 1. Wird auf einer nicht mit Personen besetzten Plattform nur vorübergehend gearbeitet, so sind die Sätze 1 und 2 nur für die Dauer der Arbeiten anzuwenden, wenn eine ausreichende mündliche Verständigung nicht anderweitig gewährleistet ist.

(2) Der Unternehmer hat auf jeder Plattform, auf der Personen ständig oder regelmäßig beschäftigt sind, Kommunikationssysteme einzurichten, die eine ständige Verständigung zwischen der Plattform und Schiffen, Luftfahrzeugen und dem Land gewährleisten. Es sind mindestens zwei voneinander unabhängige Kommunikationswege über eine permanente Verbindung zum Land vorzusehen. Auf den internationalen Sprechfunk-Notfrequenzen ist eine ununterbrochene Hörbereitschaft sicherzustellen. Nachrichten müssen von der Plattform zu Küsten- und Notdienststellen durch geeignete Kommunikationssysteme, die von ausfallgefährdeten Energiequellen unabhängig sind, übermittelt werden können. Die zuständige Behörde kann weitere Anforderungen an die Ausgestaltung der Kommunikationssysteme stellen, wenn es für die Sicherheit erforderlich ist.

(3) Wird auf einer nicht mit Personen besetzten Plattform nur vorübergehend gearbeitet, so reicht für die Dauer der Arbeiten die Aufrechterhaltung einer Sprechverbindung mit einer benachbarten Plattform oder mit einem in der Nähe der Plattform befindlichen Versorgungsschiff aus. Ist auf der Plattform ein Hubschrauber einsatzbereit, ist eine Sprechverbindung nicht erforderlich.

(4) Bei der Übernahme von Lasten zwischen Schiffen und Plattformen hat der Unternehmer für eine Sprechverbindung zu sorgen, wenn es für eine unmissverständliche Signalgabe zwischen dem Kranführer und dem Beschäftigten an den Lastaufnahmeeinrichtungen erforderlich ist.

Fußnote

(+++ Kapitel 2 (§§ 40 bis 67): Zur Anwendung vgl. § 69 Abs. 2 +++)

§ 56 Melde- und Schutzsysteme

(1) Der Unternehmer hat jede Plattform mit einem akustischen Warnsystem auszustatten, mit dem die Beschäftigten bei Gefahr gewarnt und erforderlichenfalls zum sofortigen Verlassen der Plattform aufgefordert werden können. In Räumen und Bereichen, in denen die Beschäftigten lauten Geräuschen ausgesetzt sind, muss zusätzlich eine optische Warnung gewährleistet sein. Wird auf einer nicht mit Personen besetzten Plattform nur vorübergehend gearbeitet, so sind die Sätze 1 und 2 nur für die Dauer der Arbeiten anzuwenden, wenn eine schnelle und zuverlässige Warnung der Beschäftigten ohne technische Hilfsmittel nicht gewährleistet ist.

(2) Der Unternehmer hat solche Melde- und Schutzsysteme für Brände sowie Brandbekämpfungs- und Alarmsysteme einzubauen, die den Gefahren angemessen sind. Hierzu können insbesondere gehören:

1.
Brandmeldesysteme,
2.
Feueralarmanlagen,
3.
Feuerlöschleitungen,
4.
Feuerwehrhydranten und -schläuche,
5.
Wasserflutsysteme und Wasserstrahlrohre,
6.
automatische Sprinklersysteme,
7.
Gaslöschsysteme,
8.
Schaumlöschsysteme,
9.
tragbare Feuerlöscher,
10.
Feuerwehrausrüstung und
11.
Brandschutzwände zur Abtrennung brandgefährdeter Bereiche.
Die mit den Melde- und Schutzsystemen zusammenhängenden Notsysteme sind getrennt anzuordnen oder auf besondere Art soweit wie möglich vor Unfalleinflüssen zu schützen. Erforderlichenfalls sind diese Notsysteme so auszulegen, dass sie auch bei Ausfall eines Systems oder eines Teils des Systems weiterhin funktionieren.

(3) Fernbedienungseinrichtungen nach § 13 Absatz 3 der Allgemeinen Bundesbergverordnung müssen über im Notfall einsatzbereite Kontrollstationen an geeigneten Stellen, erforderlichenfalls auch an sicheren Sammelpunkten und an Ablegestationen verfügen. Mit einer Fernbedienungseinrichtung oder mit vergleichbaren Sicherheitseinrichtungen müssen zusätzlich zu den Geräten und Anlagen nach § 13 Absatz 3 der Allgemeinen Bundesbergverordnung mindestens folgende Systeme ausgestattet sein:

1.
Belüftungssysteme,
2.
Systeme für die Notabschaltung von Geräten, die eine Zündung auslösen können,
3.
Systeme zum Verhindern des Auslaufens brennbarer Flüssigkeiten oder des Entweichens von Gasen und
4.
Brandschutzsysteme.

Fußnote

(+++ Kapitel 2 (§§ 40 bis 67): Zur Anwendung vgl. § 69 Abs. 2 +++)

§ 57 Rettungsmittel

(1) Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass bei Gefahr alle Personen die Plattform sofort verlassen und Verunglückte aus dem Wasser gerettet werden können. Hierfür hat er dem Stand der Technik entsprechende Rettungsmittel bereitzustellen. Überlebensfahrzeuge müssen in einer solchen Anzahl vorhanden sein, dass sie alle auf der Plattform anwesenden Personen auch dann noch aufnehmen können, wenn die Hälfte dieser Fahrzeuge bei Störfällen unbrauchbar wird oder nicht erreichbar ist; auf der Plattform vorhandene Rettungsflöße dürfen dabei nicht berücksichtigt werden.

(2) Die Rettungsmittel hat der Unternehmer so anzubringen und zu verteilen, dass sie bei Gefahr schnell und sicher zu erreichen sind und bestimmungsgemäß benutzt werden können. Er hat sie zu warten und mindestens monatlich auf Vollzähligkeit und Funktionsfähigkeit zu prüfen.

(3) Zu den Mindestanforderungen für Rettungsboote, Rettungsflöße, Rettungsbojen und Rettungswesten gehören:

1.
Eignung und Ausrüstung zur Überlebenssicherung für einen ausreichenden Zeitraum,
2.
Verfügbarkeit in ausreichender Anzahl für alle voraussichtlich anwesenden Personen,
3.
Typeneignung für die Arbeitsstätte,
4.
einwandfreie Verarbeitung aus geeigneten Materialien unter Berücksichtigung der Lebensrettungsfunktion und der Bedingungen für den Einsatz oder die Einsatzbereitschaft und
5.
auffällige Farbgebung für den Einsatz sowie Ausrüstung mit Vorrichtungen, mit denen der Benutzer die Aufmerksamkeit von Rettungspersonal auf sich ziehen kann.

(4) Der Unternehmer hat jede Arbeitsstätte mit geeigneten und ausreichenden Evakuierungsmöglichkeiten für Notfälle und Fluchtmöglichkeiten unmittelbar zur See hin auszustatten. Lebensrettungsgeräte, die für die jeweilige Plattform geeignet sind, müssen sofort einsatzfähig sein.

Fußnote

(+++ Kapitel 2 (§§ 40 bis 67): Zur Anwendung vgl. § 69 Abs. 2 +++)

§ 58 Notfallübungen

(1) Der Unternehmer hat in enger Zusammenarbeit mit der zuständigen Behörde auf Grundlage des internen und des externen Notfalleinsatzplans regelmäßig zu erproben, inwieweit er auf schwere Unfälle vorbereitet ist.

(2) Auf Plattformen, auf denen Personen ständig oder zeitweise beschäftigt sind, hat der Unternehmer darüber hinaus in monatlichen Abständen mit den Beschäftigten Sicherheitsübungen für den Seenot- und Gefahrenfall durchzuführen. Bei diesen Sicherheitsübungen sind

1.
die Einsatzbereitschaft der Rettungsboote zu prüfen,
2.
sämtliches hierbei benutztes Rettungsgerät zu prüfen, zu reinigen und erforderlichenfalls nachzuladen oder auszuwechseln,
3.
das verwendete tragbare Gerät zum bestimmungsgemäßen Aufbewahrungsort zurückzubringen und
4.
mindestens einmal vierteljährlich die Rettungsboote und Rettungskapseln mit der ihnen zugeteilten Besatzung auszusetzen und im Wasser zu manövrieren.

(3) Die Beschäftigten müssen neben den Sicherheitsübungen nach Absatz 2 eine arbeitsplatzbezogene Schulung zur Rettung und zur Flucht nach Maßgabe der Ergebnisse der Beurteilung von Gefahren nach § 3 Absatz 1 Satz 5 Nummer 1 der Allgemeinen Bundesbergverordnung und nach § 19 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 2 erhalten. In diesen Schulungen sind die am jeweiligen Arbeitsplatz einsetzbaren Überlebenstechniken zu vermitteln.

Fußnote

(+++ Kapitel 2 (§§ 40 bis 67): Zur Anwendung vgl. § 69 Abs. 2 +++)
(+++ § 58 Abs. 1: Zur Anwendung vgl. § 72 +++)

§ 59 Notfallmaßnahmen

(1) Der Unternehmer hat im Fall eines schweren Unfalls alle geeigneten Maßnahmen zu ergreifen, um eine Eskalation des schweren Unfalls zu verhindern und seine Folgen zu begrenzen. Er hat insbesondere unverzüglich die im internen Notfalleinsatzplan vorgesehenen Maßnahmen zu ergreifen, soweit sie der Situation angemessen sind.

(2) Der Unternehmer hat geeignete Maßnahmen zu ergreifen, wenn sein Betrieb eine unmittelbare Gefahr für die menschliche Gesundheit darstellt oder das Risiko eines schweren Unfalls erheblich erhöht. Eine solche Maßnahme kann auch die vollständige oder teilweise Einstellung des Betriebs sein, bis die Gefahr oder das Risiko angemessen beherrscht ist. Werden derartige Maßnahmen getroffen, so unterrichtet der Unternehmer die zuständige Behörde unverzüglich, spätestens aber innerhalb von 24 Stunden, hierüber.

(3) Weitergehende Verpflichtungen nach dem Bundesberggesetz oder anderen Vorschriften bleiben unberührt.

Fußnote

(+++ Kapitel 2 (§§ 40 bis 67): Zur Anwendung vgl. § 69 Abs. 2 +++)